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Allvaters Hohe Rede

Alter Glauben



Du sollst dich nie deiner Tugenden rühmen.
Wer den Leuten klug und schweigsam kommt, geht selten fehl.
Auf das Wort dessen, der zuviel redet, ist kein Verlass.
Wer seine Zunge nicht im Zaum hält, kräht sich oft ins Unglück.
Sag, was nötig ist, oder schweige.
Solange du deinen Mund hältst, merkt niemand, dass du nichts weißt.
Wenn der Tor zu Gast ist, sitzt er und glotzt und murmelt vor sich hin. Kaum hat er den ersten Schluck genommen, beginnt er zu faseln.
Im Trinken halte Maß. Der Vogel des Vergessens kreist über dem Gelage. Je mehr du trinkst. desto rascher schwindet dein Verstand.







Das Vieh weiß, wann Zeit ist, von der Weide heimzukehren, aber der Törichte merkt nicht, wann er satt ist.
Auch den willkommenen Gast wird man leid, wenn er zu gehen vergisst.
Niemand wird dich schelten, wenn du zeitig zu Bett gehst.
Halte immer deine Waffen bereit, wenn du auf dem freien Platz bist, denn du kannst nicht wissen, wann du sie brauchst.

Der Mutlose denkt, wenn er den Kampf scheut, wird er ewig leben. Doch das Alter gibt auch dem keinen Frieden, den der Speer verschont hat.

Der Unkluge liegt immer wach und denkt an vieles. Wenn der Tag anbricht, ist er müde, und alles ist so wirr wie zuvor.

Der Gemeine sieht überall Gefahr, und den Geizigen graut vor jedem Geschenk.

Froh und freundlich soll ein jeder leben.

Das Vieh verendet, und die Freunde sterben. So stirbst auch du. Aber ein ehrenvolles Andenken kann dich überleben.

Guten Freunden sollst du Freude machen und lernen, für andre zu sorgen.

Nie sollst du es sein, der mit einer festen Freundschaft bricht. Die Reue nagt an deinem Herzen, wenn du keinen hast, mit dem du deine Gedanken teilen kannst.

Hast du einen vertrauten Freund, so such ihn auf, so oft du kannst; denn das Unkraut wuchert schnell auf dem überwachsenen Pfad.

Sei Freund dem Freund und seinen Freunden. Doch nie sollst du dich mit des Freundes Feind befreunden.

Unter Ungetreuen flammt die Freundschaft fünf Tage lang auf wie ein Feuer, doch der sechste Tag löscht alles wieder aus.

Der Unkluge traut jedem Gutes zu, der ihm mit einem Lächeln begegnet. Er weiß nicht, dass hinter dem freundlichen Wort die Arglist lauert.

Merkst du, dass einer dir Böses antun will, so bring es ans Licht und gib deinem Feind keinen Frieden.

Einen so freigebigen Mann trag ich nie, dass er nicht selber beschenkt werden wollte.

Was die Alten sagen, darüber sollst du nie lachen, denn oft ist es gut und verständig.

Auf die frühe Saat ist kein Verlas. Auch deinem Sohn sollst du nicht zu früh vertrauen. Das Wetter herrscht über den Acker, und die Seele über den Sohn. In beiden kannst du dich täuschen.

Es kennt keiner den Tag, ehe die Sonne untergeht. Dein Schwert sollst du nicht loben, ehe du es gebraucht hast, das Eis nicht, bevor du das Ufer erreichst, das Bier erst, wenn es getrunken ist.

Früh aufstehen muss, wer Leben und Reichtum gewinnen will. Selten reißt der ruhende Wolf ein Lamm, selten wird dem Schlafenden der Sieg zuteil.

Dumm ist es, mit Dummen zu streiten. Verschwende keine drei Worte an nutzlosen Zwist. Der Kluge gibt nach, wo der Törichte zuschlägt.

Vertraust du dich einem andern an, so vergiss nicht: Was einer weiß, bleibt zweien nicht verborgen, und was drei wissen, wissen alle.

Sei klug genug, doch nicht allzu klug. Am leichtesten lebt, wer nur weiß, was ihm gut tut. Wer aber allzu gescheit ist, dessen Herz ist selten von Sorgen frei. Am fröhlichsten ist einer, der sein Schicksal nicht im Voraus kennt.

Niemand soll auf das Wort eines Mädchens bauen. Eine Frau ändert leicht ihren Sinn. Doch Wankelmut ist auch Männern nicht fremd. Keiner redet so falsch wie der Schönredner. Die nüchternsten Mädchen lassen sich durch süße Worte betören.

Willst du die Liebe einer Frau gewinnen, gib ihr Geschenke und schöne Worte und sage, wie schön du sie findest. Mit Schmeichelei haben schon viele gewonnen.

Eines anderen Frau sollst du nicht verlocken und heimlich zu deiner Freundin machen.

Ruhe nie im Schoß einer Trollfrau.

Keiner soll einen andern tadeln, wenn ihm zustößt, was so manchem widerfährt. Leicht macht sich auch der Klügste zum Narren, wenn die Liebe ihn überfällt.


Diese Ratschläge und viele andere gab Odin den Menschen. Weitererzählt und aufgeschrieben werden sie auf vielerlei Weise, aber ihr Sinn bleibt bestehen. Havamal werden sie genannt, und das heißt die Hohe Rede, weil sie aus dem Mund des Götterkönigs kommen.  

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