Nicht-Wahl kaum noch zu erklären

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Nicht-Wahl kaum noch zu erklären

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Veröffentlicht von hwk in ARD · 30 November 2018
Tags: ARD29.11.18Kommentar
Jens Wiening, WDR

Die Weigerung der Abgeordneten, Harder-Kühnel als Bundestagsvizepräsidentin zu akzeptieren, zeugt von wenig Souveränität, meint Jens Wiening. Die Fraktionen hätten im Umgang mit der AfD wenig dazu gelernt.

Ein Kommentar von Jens Wiening, ARD-Hauptstadtstudio

Die AfD ist in demokratischen Wahlen vom Wähler  ins Parlament gehoben worden. Sie hat ein Mandat der Bevölkerung. Und  damit Anspruch auf den Posten. Dass nun - nach Albrecht Glaser - auch  Mariana Iris Harder-Kühnel zumindest bisher nicht in das Amt gewählt  wurde, ist nicht nachvollziehbar und kaum noch zu erklären.
Im Fall von Albrecht Glaser, dem ersten  Kandidaten, der dreimal durchgefallen war, hatten die anderen Fraktionen  zumindest noch inhaltliche Gründe bemühen können. Glaser hatte die  Religionsfreiheit für Muslime infrage gestellt. Seine Nominierung war  auch eine bewusste Provokation der AfD.

Es geht vielen ums Prinzip

Sie wollte nach der Bundestagswahl gleich mal  einen dicken, spätpubertären Fußabtritt im Parlament hinterlassen.  Öffentlich konnte sich die AfD echauffieren und den anderen Fraktionen  mangelndes Demokratieverständnis vorwerfen. Klammheimlich konnte sie  sich trotzdem über die Ablehnung Glasers freuen. Diente diese doch auch  dazu, die Opferrolle zu perfektionieren.

Selbst beim Dalai Lama oder Mutter Teresa hätte  man einen Grund zur Ablehnung gefunden, hat der parlamentarische  Geschäftsführer der AfD mal zur Causa Glaser gesagt. Es sei immer nur um  die Person Glaser gegangen, widersprachen damals viele Abgeordnete der  anderen Fraktionen. Niemals um den grundsätzlichen Anspruch auf den  Posten des Bundestagsvize.

Um bei dieser Argumentation auch nur halbwegs  glaubwürdig zu bleiben, hätte der Bundestag Harder-Kühnel zur  Bundestagsvizepräsidentin wählen müssen. Doch es geht vielen  Abgeordneten ums Prinzip. Die AfD soll den Posten nicht bekommen. Punkt.  Das zeugt von wenig Souveränität und belegt auch, dass die Fraktionen  in den vergangenen Monaten im Umgang mit der AfD wenig gelernt haben.

Wohl weiterer Wahlgang im Dezember

Harder-Kühnel hätte stellvertretend für die  AfD-Fraktion auf dem Prüfstand gestanden. Sie hätte nicht nur einen  Posten bekommen, sondern auch die Aufgabe, fair und neutral  Bundestagssitzungen zu leiten. Auch das gehört zum Mandat, das die  Partei vom Wähler bekommen hat.
Voraussichtlich im Dezember wird sich Harder-Kühnel erneut zur Wahl stellen. Vielleicht sind die Abgeordneten dann klüger.

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